Christine

Ich fange mal mit dem Allgemeinen an, ich kenne meinen Mann seit ich 15 Jahre alt bin, mit 24 hab ich ihn geheiratet und wir haben ein kleines Häuschen gebaut. Jetzt war es Zeit für mich an ein Baby zu denken und wir haben lange 2 Jahre geübt, bis es endlich geklappt hat. Meine Freude über den positiven Test war riesen groß, endlich hat es geklappt. Natürlich habe ich gleich einen Frauenarzttermin gemacht, der 3 Wochen später sein sollte. 1 Woche nach dem Test wurde die Freude ein wenig getrübt weil ich die „typische“ Morgenübelkeit bekommen habe, aber es war noch erträglich. Dann von heute auf morgen musste ich mich ständig übergeben, ich konnte nichts essen oder trinken ich ekelte mich vor jedem Geruch und hatte so schlimmen Schwindel das ich nur noch liegen konnte. Mein Mann hat sich Sorgen gemacht und bei meinem Frauenarzt angerufen (mir fehlte sogar dafür die Kraft) die meinten ich soll Ingwer probieren und vor dem Aufstehen einen Keks knabbern……geholfen hat das alles nichts. Meine Mutter hatte nie Übelkeit bei ihren Schwangerschaften und hat mich nicht verstanden. Ich musste mir anhören, dass ich mich nicht so rein steigern soll und mehr an die frische Luft gehen soll…..ich hab wirklich an mir gezweifelt, ich hatte schon nach 2 Wochen Übelkeit das Gefühl nicht ganz dicht zu sein. Ich sehnte den Arzt Termin herbei und endlich war es so weit. Ich also mit Eimer im Gepäck zu meinem Arzt, voller Hoffnung auf Hilfe…..leider habe ich erst mal keine bekommen….

Jetzt kommt der Grund warum ich mich entschieden habe meine Erfahrung zu teilen und ich hoffe wirklich, dass ich nicht wieder mit Vorurteilen konfrontiert werde, aber ich finde auch aus dieser Sicht sollte HG ernst genommen werden.

Also jetzt zurück zu meinem Arzt Termin, ich musste wie jede Schwangere auf die Waage und ich bin stark übergewichtig in die Schwangerschaft gegangen. Ich hatte bei diesem Termin 118 Kilo auf den Rippen, und musste mir anhören, bei dem Gewicht tut mir etwas Übelkeit gut……ich wurde nicht ernst genommen und wieder Heim geschickt. Das einzig Schöne an diesem Termin war die Tatsache, dass ich das Herz von meinem Wurm schlagen gesehen habe. Wieder eine Woche mit endlosem Übergeben später war es so unerträglich, dass mein Mann mich nochmal zum Arzt gezerrt hat. Ich musste zu dem anderen Arzt in der Praxis, weil die Ärztin keinen Termin für mich hatte (aus heutiger Sicht zum Glück) dieser Arzt hat mich angesehen und ich musste kein Wort sagen er hat direkt eine Helferin gerufen mit den Worten, wir brauchen sofort eine Infusion für eine HG Patientin. Während ich die Infusion bekommen habe, hat mich der Arzt aufgeklärt was HG ist (ich hatte noch nie davon gehört) er hat mir Vomex verschrieben und ich sollte je nach Bedarf für Infusionen vorbei kommen. Er meinte wenn ich Glück habe, bin ich in der 12 Woche die Übelkeit los, wenn ich Pech habe bleibt es bis zum Schluss…..ich hatte Pech. Die nächsten Wochen hab ich irgendwie hinter mich gebracht (auch dank der infusionen) und habe so oft wirklich schlimme Gedanken gehabt, die ich niemandem erzählen konnte. Wer versteht einen schon, wenn man daran denkt ein absolutes Wunschkind nicht mehr haben zu wollen…..zu meiner Hochzeit wäre ich wohl, wenn die Kraft da gewesen wäre aus dem Fenster gesprungen….ich wollte nicht mehr leben ich konnte nicht mehr. Meine einzigen schönen Momente waren die Arzt Termine, wenn ich meinen Sohn sehen konnte oder später, wenn ich ihn spüren könnte. Irgendwann im 7. Monat wurde es dann endlich besser, aber dann kam der Rückschlag….ich hatte einen Arzt Termin und musste wegen einem Notfall bei meinem Arzt zu der Ärztin vom Anfang. Was soll ich sagen ich bin schon mit schlechtem Gefühl zu ihr rein. Zur Info nebenbei: Ich hatte in der Schwangerschaft 20 Kilo abgenommen bis dahin und ausgerechnet das war der Termin wo mein erstes + auf der Waage erschienen ist. Ich hatte 2,5 Kilo zugenommen und durfte mir sofort anhören ich darf nicht zunehmen und soll nur noch Rohkost zu mir nehmen….in meiner Gewichtsklasse sollte ich garnicht schwanger werden und dankbar sein für die HG…..ich hab nur noch geheult….ich bin in ein Loch gefallen und wusste nicht weiter. Wieder daheim habe ich versucht meine Ernährung auf Rohkost umzustellen, was total schief gelaufen ist, die Übelkeit kam mit voller Wucht zurück. Mit das schlimmste war für mich neben dem (teils blutigen) Übergeben die psychische Belastung weil ich mich selber so gehasst habe. Ein paar Wochen nach dem Termin bei der Ärztin hat mein Mann ein Machtwort gesprochen. Er hat die Ärztin auf das heftigste beschimpft ( mein Mann ist normal eher der ruhige Typ) und verlangt, dass meine Termine abgesagt werden sollen und ich nicht mehr zu ihr komme. Ab da war ich nur noch bei meinem Arzt, der mich trotz meines Gewichts ernst genommen hat, er hat sich sogar wegen mir noch mehr mit dem Thema HG auseinander gesetzt und mir bei meiner jetzigen Schwangerschaft noch besser geholfen (bin aktuell 25 Woche auch wieder mit HG aber viel leichter diesesmal)

Nun um hier zum Ende zu kommen, den Rest der Schwangerschaft hab ich auch noch überstanden und hatte am Ende ein Gewicht von 105 Kilo. Noch im Kreißsaal musste ich mich 3 mal übergeben und ich hatte echt ne schwere Geburt. Mein Sohn musste mit der Saugglocke geholt werden, weil ich keine Kraft mehr hatte und er hatte die Nabelschnur um den Hals. Aber zum Schluss wurde der Rehawagen für Säuglinge umsonst her geholt, es ging alles gut. Ich hatte einen Kern gesunden Jungen bekommen und war endlich, endlich wieder glücklich. Ich hatte schon vergessen, wie sich das anfühlt und dann nach so langer Zeit das größte Glück überhaupt zu spüren war für mich so überwältigend, dass die HG wirklich vergessen war. …ich habe von einem Moment auf den anderen alles so hingenommen und nichts bereut, ich war endlich wieder der Mensch, der ich sein wollte.

 

Jetzt 19 Monate nach der Geburt meines Sohnes fühle ich mich trotz erneuter HG Schwangerschaft viel stärker und besser. Ich weiß nicht ob die HG diesesmal einfach etwas leichter ausgeprägt ist oder ob ich einfach besser und schneller darauf reagiert habe, vielleicht spielt auch meine Psyche eine Rolle, da ich diesmal kein einziges Mal zu dieser Ärztin gegangen bin, aber diese Schwangerschaft kann ich wenigstens an manchen Tagen genießen, wenn auch nicht immer. Ich hab aber durch Agyrax, Akupunktur, Infusionen und nicht zuletzt wegen meinem tollen Mann, dieses Mal alles im Griff. Ich hoffe ich bringe die letzten Monate auch noch hinter mich und halte dann meinen 2. Hg Sohn in den Armen.

 

So, ich hoffe diese etwas andere HG Erfahrung macht vielleicht der einen oder anderen übergewichtigen Hoffnung, es gibt Ärzte da draußen die uns ernst nehmen. Auch wenn man mehr auf den Rippen hat ist HG die Hölle und niemand hat das Recht uns zu sagen wir sollen dankbar dafür sein…..es ist eine Krankheit und niemand möchte krank sein. Ich weiß viele hier hat die HG noch schlimmer getroffen als mich und ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt etwas beitragen soll, aber ich denke es kommt nicht darauf an wen von uns es am schlimmsten getroffen hat, sondern darauf, dass wir zusammen halten, egal ob dick, dünn, klein, groß oder jung und alt. Jeder kann betroffen sein, allen Statistiken zum trotz.

 

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